Geschichte des Vereins

Mitten in der „Wendezeit“, im Frühjahr 1990 fanden sich mehrere Menschen mit Behinderung in Ost-Berlin zusammen, um sich gegenseitig zu stärken, zu beraten und um ihre Erfahrungen und Kräfte auch mit anderen zu teilen. Das BZSL entstand, bald kamen engagierte Mitstreiter*innen aus West-Berlin hinzu und kurze Zeit später eröffneten wir die erste Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung in Berlin. Wir arbeiten nach dem Peer-Counseling-Prinzip: Betroffene beraten Betroffene – kompetent, solidarisch und empowernd für ein selbstbestimmtes Leben.

Nach jahrelanger ehrenamtlicher Arbeit, selbstfinanziert aus eigenen Mitgliedsbeiträgen, engagiert sich heute eine diverse Gruppe von Menschen im BZSL e.V.

Wie alles begann:

1979

trafen sich auf Initiative von Prof. Dr. Wolfgang Presber, Direktor der Klinik für Rehabilitation Berlin-Buch, erstmals etwa 20 Menschen mit Behinderung, um gemeinsame Veranstaltungen auszurichten. Offiziell hieß es in der DDR das „Jahr der Geschädigten“.

1980

wurden zwei größere öffentliche Veranstaltungen zu den Themen „bauliche Barrieren“ und „kulturelle Teilhabe“ durchgeführt.

1981

dem UNO-Jahr der Behinderten, konnte eine kleine Gruppe von behinderten Menschen am Kongress für Rehabilitation in Leipzig teilnehmen.

1986

scheiterte die Idee von Prof. Dr. Presber, eine eigene Arbeitsgruppe in der Gesellschaft für Rehabilitation (GfR) der DDR einzurichten, die ausschließlich von behinderten Menschen selbst geführt würde, am Veto des damaligen Vorstandes der GfR. Aber von dieser Zeit an trafen wir uns regelmäßig als halblegale Selbsthilfegruppe in einem Jugendklub in der Leipziger Straße.

Obwohl die offizielle Gründung einer Gruppe oder eines Vereins in der DDR politisch nicht möglich war, gelang es den Gruppenmitgliedern durch diplomatisches Geschick Einfluss zu nehmen. Zum Beispiel als kooptierte Mitglieder im Beirat für Rehabilitation des Ost-Berliner Magistrats. Als Mitwirkende bei der barrierefreien Planung des SEZ und des Nikolai-Viertels sowie bei der Planung eines „Haushaltsservice“ für etwa 500 schwerstbehinderte Ost-Berliner*innen mit Unterstützung der damaligen Ost-CDU.

Ein Schreiben der Gruppe mit Verbesserungsvorschlägen und Angeboten zur Mitwirkung an den damaligen Minister für Gesundheit wurde von der stellvertretenden Gesundheitsministerin mit angedeuteter Strafandrohung wegen illegaler Gruppenbildung rigoros abgeschmettert. Daraufhin kam es 1986 zunächst zur Auflösung der Gruppe. Doch Petra Stephan und ihre ehemalige Lehrerin Dagmar Schade, setzten die integrative Kultur- und Bildungsarbeit im Club „Impulse“ in Berlin-Prenzlauer Berg fort.

1989

wurde mit Hilfe von Menschen mit Behinderung und Freunden das Konzept des Stockholmer Selbstbestimmt-Leben-Zentrums STIL gemeinsam inhaltlich umgesetzt, das Petra Stephan auf ihren Westreisen im Rahmen der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung kennengelernt hatte.

1990

standen Satzung, Konzeption und Beitragsordnung des BZSL fest und ein kleines rollstuhlgerechtes Büro war in der Marienburger Straße gefunden. Im Herbst des selben Jahres wurde unser Verein in den neu gegründeten Dachverband ISL aufgenommen.

1990-1992

wurde die Beratungsarbeit im BZSL ehrenamtlich geleistet. Schritt für Schritt wurden Arbeitsplätze finanziert. Es folgte der Aufbau der allgemeinen Beratungsstelle, die bis heute themenoffene Beratung für alle Menschen anbietet, die mit den Themen Behinderung und chronische Erkrankung zu tun haben.

1997

Ab 1997 beteiligte sich das BZSL am mehrjährigen EU-Projekt der ISL „Peer Counseling in Progress“.

2001-2005

arbeiteten wir unter anderem in dem Projekt „HDP-Heimanalyse“, das sich für mehr Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe für Menschen mit chronischem Nierenversagen und ihre Angehörigen einsetzte.

2009

Seit 2009 bieten wir in verschiedenen Projekten Bedarfe für Menschen mit Fluchterfahrung und Migrationshintergrund an, die in Folge der großen Nachfrage entstanden sind.

2018

Mit Einführung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (kurz EUTB) 2018 konnten auch wir eine Stelle eröffnen und beraten seitdem erfolgreich Menschen mit Behinderung und/oder chronischer Erkrankung in den verschiedensten Lebenslagen.

2018 folgten weitere kreative Projekte. Wie z. B. „Selbst-bestimmt inklusiv(e)“ in dem Bilder mit dem behinderten Fußfotografen Sven Kocar entstanden sind, die weiterhin ausgestellt werden. 

2021

wurde das Projekt zu „Selbst-bestimmt für Vielfalt und Inklusion“ weiterentwickelt und wurde in das Integrierte Sozialprogramm (ISP) der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales aufgenommen. Es hat sich zusätzlich mit den aktuellen Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit in Bezug auf das Leben mit Behinderung beschäftigt und im folgenden Jahr einen Nachhaltigkeitskompass für Menschen mit und ohne Behinderung herausgebracht, um es jedem Menschen einfacher zu machen nachhaltig zu leben.

2023

hat sich die Zusatzthematik von „Selbst-bestimmt für Vielfalt und Inklusion“ mehr mit Krisenbewältigung und Resilienz beschäftigt, um angesichts der regionalen und globalen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine Teilhabe und Engagement von Menschen mit Behinderung weiterhin zu ermöglichen. Außerdem ist im BZSL ein weiteres Projekt dazu gekommen, AMIF AM21, welches mit Mitteln des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gefördert wird und besonders schutzbedürftige Minderjährige und junge volljährige geflüchtete Menschen unterstützen soll.

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